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Jahrtausendelang drangen Menschen mit bloßer Muskelkraft - der eigenen und mit Hilfe von Tieren - in die Tiefen der Erde vor. Die älteste mechanische Energiequelle, die auch  Bergleute zum Antrieb von Maschinen - besonders für die Förderung und Aufbereitung - nutzten, stellte die Wasserkraft dar. 

Das Wasser sei "Freund und Feind des Bergmanns" heißt es. Bricht es in die Grube ein, wird es schnell gefährlich. Kann man aber seine Kraft nutzbar machen, treibt es die Maschinen an. Jahrhundertelang war Wasserkraft die wichtigste Energiequelle im Bergbau. Fehlte sie, bekamen die Bergwerke schnell Probleme - vor allem mit der Hebung des permanent zulaufenden Grundwassers. In alten Chroniken findet sich deshalb der nur auf den ersten Blick paradox erscheinende Satz: "Der Sommer war zu trocken, deshalb sind die Gruben ersoffen." 


Blick in die Radstube am Kunstschacht von Hülfe des Herrn zu Biensdorf 
 

Nun heißt es aber nicht umsonst "Berg"-werk - Erzvorkommen treten leider zumeist im Gebirge zutage, wo tektonische Kräfte alte Gesteine emporgehoben haben und die Erosion sie freigelegt hatte. Erzmühlen und Schmelzhütten konnte man ja dorthin bauen, wo die Antriebskraft zur Verfügung stand - ein Bergwerk aber kann man nun mal nicht verlegen. Wie also bringt man die Kraft fließenden Wassers "auf den Berg" ?  Seit vielen hundert Jahren knobelten findige Handwerker daran und was sie zuwege gebracht haben, ist schon bewundernswert. 

Wo es gar keine andere Lösung gab, nutzte man "Feldgestänge", um die Kraft von den Flüssen - wo man sie hatte - dahin zu leiten, wo man sie brauchte. Sehr oft aber leitete man einfach das Wasser dorthin, wo man seine Energie nutzen wollte. So entstanden ganz erstaunliche Wasserkraftanlagen untertage. 

 

"Einfach" freilich war das nicht, sondern sehr aufwendig. Die Radkammern der Bergwerke des ausgehenden Mittelalters sind wohl die größten bergmännisch geschaffenen Hohlräume ihrer Zeit: Schließlich mußte ein ganzes Wasserrad hineinpassen und auch von diesem mußte die Kraft noch auf Seiltrommeln oder Pumpensätze übertragen werden. 

Beispiele für solche Anlagen beschrieb 1535 Georgius Agricola. Wenn Sie aber selber einmal staunen möchten, finden Sie im Folgenden ein paar Beispiele und Erläuterungen zur technischen Umsetzung. 

 

 
  
Radstube am Kunstschacht von Hülfe des Herrn zu Biensdorf/westliches Freiberger Revier (18. Jhdt.) 

Über die Zuordnung kann man sich streiten - zuletzt jedenfalls stand die Grube unter Marienberger Bergaufsicht und auch die damalige SAG Wismut untersuchte sie 1949 bis 1951 nochmals auf Uranvorkommen. Deren Neuauffahrungen endeten 1951 ganze achtzig Zentimeter vor dem Durchschlag in einen "Alten Mann". 

Der "Wismut-Stolln" ist bereits seit längerer Zeit Besucherbergwerk und seit einigen Jahren hat der Bergbauverein nun auch einen Zugang in die spätmittelalterlichen Baue geschaffen - zunächst bis zur Radstube. Diese ist wieder völlig anders angelegt, als die im Weiteren vorgestellten.  (J.B., L.M.)

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Wasserkunst im Alt Gottes Geschicker Kunstschacht  zu Langenberg/Schwarzenberger Revier  (18. Jhdt.)

Im Grubenfeld am Graul liegt eine besonders schöne Radstube auf dem Fundschacht von Gottes Geschick. Die technische Lösung ist hier besonders aufwendig gewählt. Die Radstube ist in ihrer Ausführung - komplett geschlägelt - besonders sehenswert. 

Der Tagesschacht wurde bereits vor vielen Jahren mit einer Betonplombe gesichert. Ein kleiner Bergbauverein arbeitet jedoch daran, den Zugang zur Radstube zu erhalten. (J.B.)  

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Radstube auf dem Kunstschacht zwischen Elias und Aaron Stolln in Johanngeorgenstadt (zwischen 1729 und 1742)

Diese Radkammer war recht ungewöhnlich angelegt: Hier ging es um schnelle - nicht um langfristige Wasserlösung. Während einer Sanierungsmaßnahme des Sächsischen Oberbergamtes wurde sie noch einmal angefahren, freigelegt und gesichert, um den geordneten Wasserablauf wiederherstellen zu können. (J.B.)

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"Radstube Oberschöna" auf dem Kunstschacht der Grube Unverhoffter Segen Gottes Erbstolln im westlichen Freiberger Revier (1790-1792)

Zu dieser Grube gibt es umfangreiche Akten in den Archiven, so daß die heute zu besichtigende Radstube genau datiert werden kann. Die Anlageweise der Radkammer war bereits recht "modern" - in gleicher Weise wurde noch 40 Jahre später am Graul bei Schwarzenberg die Untere Radstube konzipiert. Zu verschiedenen Anlässen gibt es Führungen für Besucher in der Radstube. (J.B.)

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Untere Radstube am Neu Gottes Geschicker Kunstschacht  zu Langenberg/Schwarzenberger Revier (1834) 

Diese Radstube ist für Besucher nicht zugänglich und war nur während einer Sanierungsmaßnahme des Sächsischen Oberbergamtes befristet befahrbar. 
Sie liegt 52 m untertage und stellt mit fast 16 m Höhe die größte unserer kurzen Vorstellung hier dar. 

Sie bildet mit ihrem nur geringen Alter von etwa 175 Jahren aber auch eine "moderne" und technisch ausgefeilte Lösung unter Nutzung eines tiefen Wasserlösestollens. (J.B.)

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Obere Radstube am Neu Gottes Geschicker Kunstschacht zu Langenberg/Schwarzenberger Revier  (1. Hälfte 19. Jhdt.) 

Derselbe Schacht besitzt noch eine zweite, etwas kleinere Radstube unterhalb des Schachtkopfes, welche bis zum Durchschlag des Wasserlösestollens 1834 in Betrieb stand. 

Die technische Umsetzung erfolgte trotz der räumlichen Nähe und ähnlichen Alters aber gänzlich anders. (J.B.)

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Radstube am Rudolphschacht zu Lauta/Marienberger Revier  (1842) 

Der Schacht besaß bereits eine ältere Radstube oberhalb des Ullrichstollens, welche nach dem Durchschlag des Weißtaubner Stollens durch diese neue Wasserkunst ersetzt wurde. 1874 ersetzte man das Rad wiederum durch eine Wassersäulenmaschine. Ein schönes Beispiel für die Technikentwicklung. (J.B. unter Bereitstellung zahlreicher Unterlagen durch F.Ihle, Nürnberg)

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Kunst- und Kehrradstube der Roten Grube in Freiberg 

Die Rote Grube war ein alter, aber eigentlich kein bedeutsamer Schacht, diente jedoch in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts der Auffahrung und dem Betrieb der Flügelörter des Rothschönberger Stollns innerhalb des Reviers. Da einerseits das Münzbachwasser übertage für Hütten und Hammerwerke benötigt wurde, andererseits der Alte Tiefe Fürstenstolln genügend Wasser brachte und der Hauptstolln Umbruch die nötige Höhendifferenz gewährleistete, baute man hier die komplette Antriebsanlage - Kunst- und Kehrrad -  in fast 90 m Tiefe ein.  (L.M.)

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Doppeltes FURNEYRON- Turbinen- Kunstgezeug im Clementine- Kunstschacht der Grube Alte Hoffnung Erbstolln zu Schönborn (1843)

Weiter nördlich und flußabwärts von Biensdorf stand zwar viel Wasser aus der Zschopau zur Verfügung, leider aber nur ganze vier Meter Höhenunterschied zwischen Süd- und Nordseite der "Biege" - zu wenig für ein leistungsfähiges Kunstrad.  Man mußte sich hier also etwas Neues einfallen lassen, um der dem Grubengebäude zusitzenden Grundwassermenge Herr zu werden. (J.B.)

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Turbinen- Kunstgezeug der Grube Neue Silberhoffnung zu Pöhla (1879)

Auf den Gruben unter der Leitung der von Arnim'schen Berg- und Hüttenverwaltung hielt auch im obergebirgischen Kreis moderne Technik Einzug. Ein Turbinenkunstgezeug ersetzte 1879 die frühere Radwasserkunst und trieb außerdem noch die Förderanlage dieser Grube an. (J.B.)

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SCHWAMKRUG- Turbinen- Kunstgezeug am 5. Lichtloch des Rothschönberger Stollns (1846)

Kommt man heute entlang der "Großen Grabentour" hier vorbei, ist anhand der wenigen erhaltenen Zeugnisse kaum noch zu erahnen, daß an dieser Stelle die erste ihrer Bauart in Betrieb ging. Der harte Gneis war ausschlaggebend dafür, daß man vom "Typenbau" der anderen Lichtlöcher abwich und kleine, aufrecht stehende Freistrahlturbinen für den Antrieb der Technik entwickelte. (J.B.)

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Das Problem des hohen Platzbedarfes löste besonders gut die "Wassersäulenmaschine" - eigentlich eine "umgedrehte" Pumpe, mit der man aufgrund der relativ langsamen und vertikalen Kolbenbewegung vorwiegend Kunstgezeuge zur Wasserhaltung antrieb. 

Die FURNEYRON-Turbine stellte dann die erste "echte", axial beaufschlagte Wasserturbine dar und bildet den Vorläufer der heutigen FRANCIS-Turbinen. Die kurz darauf entwickelte SCHWAMKRUG-Turbine stellt dagegen eine partiell innenbeaufschlagte Freistrahlturbine dar und ist der Vorläufer der heutigen PELTON-Turbinen, mit denen in den Alpen oder in Skandinavien auch heute noch Elektroenergie erzeugt wird.

 

Außerdem können wir allen Technik-Interessierten für einen Besuch empfehlen:

  • das original erhaltene untere Wasserrad der Thurmhofer Wäsche in Freiberg,

  • die Modellsammlung der TU Bergakademie, Ausstellung auf der Reichen Zeche zu Freiberg, 

  • den funktionstüchtigen Nachbau eines Kunstrades im Markus-Röhling-Stolln zu Frohnau, 

  • die Kehrradstube am Kunst- und Treibeschacht Weißer Hirsch zu Schneeberg,

  • die Kunst- und Kehrradstube am IV. Lichtloch auf dem Rothschönberger Stolln in Reinsberg,

  • die Turbinenrösche der Fundgrube Gesellschaft in Schneeberg/Siebenschlehn,  

  • den Drei Brüder-Schacht in Zug bei Freiberg mit dem - leider 1970 abgeschalteten - Kavernenkraftwerk,

und weitere Anlagen außerhalb Sachsens, zum Beispiel im UNESCO-Welterbe Rammelsberg im Harz. 

   

Glück Auf  !
Und: Man sieht sich !